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Daisy aus Fukushima (Manga)

Das Cover von "Daisy aus Fukushima"

 

Eckdaten:

Originaltitel: Daisy: 3.11 Joshikousei-tachi no Sentaku

Titel in Kanji: デイジー 3.11 女子高生たちの選択~

Zeichnung: Reiko Momochi

Story: Frei nach dem Roman „Pierrot“ und nach Interviews mit Betroffenen

Verlag: Egmont/EMA

Erscheinungsdatum: 4.2.2016 (in Japan 10/2012 bis 6/2013)

Seitenzahl: 340

Preis: 13,99€

ISBN-Nummer: 978-3-7704-9162-9

Anzahl der Bände: 1 (abgeschlossen)

 

Über den Manga:

Daisy aus Fukushima behandelt das tragische Thema des Erdbebens, des Tsunami und des darauffolgenden Atomunglücks vom März 2011, bzw. die Folgen für die Menschen. Der Manga – der in Japan in zwei Bänden abgeschlossen ist – wurde von EMA in einem schönen dicken Band komplett herausgebracht.

Rückseite des Manga

Die Geschichte beginnt Mitte April 2013 – zwei Wochen nach japanischem Schuljahresbeginn – und man lernt Fumi kennen, ein vom Atomunglück verängstigtes Mädchen der 3. Klasse der Oberschule. Sie hatte in den sechs Wochen nach dem Unglück mit sich zu kämpfen und traute sich nicht mehr aus dem Haus – ihr Vater wollte sogar, dass sie und ihr fünfjähriger Bruder Shohei zu ihrer Großmutter ziehen, die in einer anderen Präfektur lebt, doch Fumi möchte bei ihrer Familie bleiben.

Das Cover des ersten Kapitels Kritische Gedanken über den Wahrheitsgehalt der Aussagen zum Unglück begleiten Fumi

Da Fumi in diesem Jahr ihren Abschluss macht und danach eigentlich auf die Uni möchte, zwingt sie sich wieder in die Schule – dort wird sie von ihren drei Freundinnen Mayu, Moe und Ayaka herzlich empfangen. Die vier beschließen ihre Band Daisy, die sie wegen dem Lernstress eigentlich auf Eis gelegt hatten, wieder aufleben zu lassen, damit sie in der schweren Zeit etwas fröhliches haben.

Mayu, Moe und Ayaka schenken Fumi eine Haarspange mit ihrem Initial und einem Gänseblümchen darauf – sie alle haben so eine Spange und sie versprechen sich, dass sie sich jedes Jahr an jenem Tag im April treffen wollen; egal wie viele Kilometer zwischen ihnen liegen mögen, oder ob sie bereits alte Omas sind.

Die vier Freundinnen Fumi, Mayu, Moe und Ayaka haben eine Band namens "Daisy" Neben allen Ängsten machen sich die Mädchen Gedanken über ihre berufliche Zukunft

Doch während dieser fröhlichen Fassade gehen natürlich auch traurige Dinge vor sich – so haben viele mit ihrer Existenz zu kämpfen (Ayakas Eltern besitzen ein Hotel und Mayus Vater ist Reisbauer; beide Familien haben dadurch starke Einbußen gemacht), oder Familien ziehen aus der Stadt in eine andere Präfektur um nicht in unmittelbarer Nähe der Strahlung zu leben.

So bleiben also auch die vier Freundinnen nicht von allem verschont – neben den Ängsten um ihre Gesundheit machen sie sich Gedanken um ihre Familie und die Zukunft, nebenher engagieren sie sich sozial und treten als Unterhaltungsband in einer Notunterkunft vor Leuten auf, oder spielen und basteln mit den Kindern dort.

Doch über ihnen allen schwebt das Grauen des Atomunglücks, welches die Freundinnen auseinander zu reißen droht...

Mehr möchte ich zur Story mal nicht verraten ;)

Streit bleibt in solchen Situationen leider auch nicht aus Man lernt die Mädchen und ihre Gedanken kennen und mögen

Am Ende des Bandes gibt es ein Nachwort der Zeichnerin und einen kleinen Comic Strip darüber, wie sie in Fukushima recherchiert hat. Auch eine Bilanz der Katastrophe wurde von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Dortmund zusammengetragen und abgedruckt; ebenso wird auf das Spendenprojekt Hilfe für Japan hingewiesen, mit dem Kindern aus der Präfektur Fukushima und Umgebung ein Feriencamp auf Okinawa ermöglicht wird, damit sie sich in gesunder Umgebung draußen austoben können – hier hat EMA sich mit der 1€-Spendenaktion eingeklinkt, was ich sehr schön finde.

Zeichnerisch hat Reiko Momochi hier wieder ein tolles Werk abgeliefert – ihr unverkennbarer Shojo-Stil mit den großen Kulleraugen der Mädchen ist in Deutschland bereits seit Confidential Confessions und Suspicious Secrets bekannt. Allgemein merkt man hier, dass sie gerne kritische Themen behandelt und ihre Manga durchaus auch selbst kritisch sind und auf schwierige Themen hinweisen.

Die Mächen versuchen das beste aus der Situation zu machen

Mal davon abgesehen, dass bei dem Manga in der Produktion was schief gelaufen ist (die Seiten wurden falsch zusammengetragen; ich hatte selbst das Pech erst so einen Fehldruck zu bekommen), muss ich hier das Lektorat von EMA bemängeln. Leider kam es immer wieder vor, dass Buchstaben gefehlt haben – z.B. kommt mehrfach eine Liste für Wunschberufe der Schülerinnen vor, auf der jedes Mal „Wusch“ stand, außerdem wurde aus der Lehrerin Natsuko einmal eine Nanako gemacht. Kleinere Tippfehler kamen auch hin und wieder vor, doch die zwei genannten Sachen störten mich persönlich am meisten.

Die Qualität hingegen muss ich loben – der Druck der schwarz-weißen, aber auch der farbigen Seiten, sowie die Klebebindung sind sauber und stabil.

Die Mädchen stellen fest, dass sogar Leute freiwillig nach Fukushima kommen, um dort die Menschen und den Wiederaufbau zu unterstützen

 

Random Fact:

Schuljahresbeginn ist in Japan immer am 1. April des Jahres.

Das japanische Schulsystem gliedert sich in ein sogenanntes 6-3-3-4-System – das bezeichnet die Jahre der Schulklassen, der jeweiligen Schule. Sechs Jahre Grundschule, drei Jahre Mittelschule, drei Jahre Oberschule und vier Jahre Hochschule/Universität. Fumi und ihre Freundinnen sind also in der Abschlussklasse der Oberschule, was der 12. Klasse bei uns entspricht.

 

Eigene Meinung:

Das Atomunglück, welches bei uns sicher schon fast in Vergessenheit geraten ist, jährt sich in den nächsten Tagen zum fünften Mal – passend ist da dieser Manga, der uns daran erinnert, was damals geschehen ist und der uns vor allem vor Augen führen soll, wie es den betroffenen Menschen dabei erging; und immer noch ergeht.

In diesem Meisterwerk werden die Gefühle der Opfer sehr gut vermittelt und man bekommt schnell mit, dass die Menschen dort ihrer Regierung nicht mehr ganz vertrauen, da im Fernsehen immer wieder gesagt wurde, dass alles in Ordnung sei. Viele Existenzen wurden bei dem Atomunglück geschädigt und seitdem sind unter anderem die Selbstmordrate und die Krankheitsfälle gestiegen.

Fumi und ihre drei Freundinnen sind sympathische Mädchen, denen man am liebsten irgendwie helfen möchte, aber man fühlt sich so hilflos dabei, weil man eben nichts tun kann. Mir sind beim Lesen ständig Tränen in die Augen gestiegen, weil man sich das Ausmaß als Nichtbetroffener eigentlich gar nicht ausmalen kann, aber es doch so überwältigend vermittelt wird – deswegen möchte ich den Manga jedem ans Herz legen, der einen Bericht der Opfer haben möchte und der sich daran erinnern möchte wie schwer Japan in jenen Tagen im März 2011 getroffen wurde.

 

Der Manga bekommt von mir 4 von 5 Gänseblümchen =) (Einen Punkt Abzug gibt’s für das Lektorat)

von Tatze
Kategorie: Manga